Humorfreier Spuk oder Recycling a la Sat1

Ein retro-inspiriertes Banner zeigt einen alten Filmprojektor, aus dessen Lichtstrahl geisterhafte Figuren und Musiknoten schweben. Symbolisches Bild zum Thema Filmklassiker und missglücktes Remake.

In den Jahren zwischen 1958 und 1967 drehte Kurt Hoffmann die Filme seiner “Spessart-Trilogie”, wobei diese keine Trilogie im eigentlichen Sinne darstellt, sondern vielmehr eine Filmreihe, bei denen die Handlungen der einzelnen Filme lose miteinander verknüpft sind. Auf das “Wirtshaus im Spessart” folgte hierbei 1960 das Grusical “Das Spukschloss im Spessart“, welches mit seinen satirischen Spitzen auf die junge Bonner Republik, der mitreißenden Musik Friedrich Hollaenders und den brillanten Darstellern Publikum und Kritik begeisterte. Bis heute findet dieser Film, über den das Lexikon des internationalen Films schreibt, dass es “einfallsreich inszeniert” sei und “über dem Durchschnitt bundesdeutscher Lustspiele jener Jahre” liegt, auch in der x-ten Wiederholung seine Zuschauer.

Die enorme Beliebtheit des Films muss es wohl gewesen sein, die Sat1 dazu veranlasste, sich der Thematik des Films anzunehmen und in “Im Spessart sind die Geister los” zu verwursten. Sie ahnen wohl schon ob meiner Wortwahl, dass dieses Unterfangen gründlich in die Hose ging. Eigentlich wäre eine weitere miserable Eigenproduktion von Sat1 natürlich nicht der Rede wert, aber in diesem speziellen Falle muss man schon das eine oder andere Wort darüber verlieren, da Sat1 sich im Umfeld dieser Eigenproduktion für keine Peinlichkeit zu schäbig war.

Auch wenn die Story etwas variiert wurde, so ist und bleibt “Im Spessart sind die Geister los” doch ein Remake von Kurt Hoffmanns Klassiker “Das Spukschloss im Spessart”. Allerdings hat es Sat1 wohl nicht nötig, diese Tatsache auch nur in einem Nebensatz auf der Homepage zu erwähnen. Dafür ergeht man sich lieber in banalen Interviews mit den Darstellern und stellt diesen “tiefgründige” Fragen zum Thema “Übersinnlichkeit und Geister”. Anscheinend ist man im Hause Sat1entweder der Meinung, dass der Wechsel der Location von einem Schloss zu einem Gasthaus und ein paar andere Kleinigkeiten schon ausreichen, um aus der Idee eines anderen eine eigene zu machen oder aber man hält seine eigene Zielgruppe für derart unterbelichtet, dass man diese mit solchen weiterführenden Informationen nicht überfordern will.
Egal, aus welchem Grunde Sat1 diese Information nun unterschlägt, es ist eine Frechheit und zeugt von mangelndem Respekt vor dem Original, an dessen Ideen man sich jedoch gerne bediente.

Werfen wir nun einen Blick auf die Besetzung des Remakes. Spukten bei Kurt Hoffmann noch Schauspielgrößen wie Georg Thomalla, Curt Bois, Hans Richter und Paul Esser durch den Spessart, so muss man sich in der Sat1-Produktion mit den üblichen Comedy-Nasen a la Annette Frier und Michael Kessler begnügen. Beide haben natürlich ein komödiantisches Talent, welches aber bei Weitem nicht ausreicht, um einen abendfüllenden Film zu tragen.

Was der Sat1-Produktion ebenfalls fehlt, ist der Charme und das zielsichere Gespür und Timing guter Pointen. Kabarettistische Perlen, wie sie das “Spukschloss” enthält, erwartet man ja gar nicht bei einer Sat1-Produktion, aber zumindest die eine oder andere solide Pointe darf man wohl auch vom Privatfernsehen verlangen.
Alles in allem ist “Im Spessart sind die Geister los” nicht mehr als ein müder Klamauk für ein anspruchsloses Publikum, welcher in keinster Weise auch nur annähernd an das Original von 1960 heranreichen kann. Allenfalls filmisches und humoristisches Fast-Food für die Generation Blöd.

Auch wenn man mit etwas Glück, mit Salz und mit Pfeffer manchmal ungeahnte Treffer erzielen kann, so gehört doch eben auch ein gerüttelt Maß an Können, Charme und Humor dazu, um aus einer guten Idee auch einen guten Film zu machen.

Mein Rat:
Investieren Sie lieber ein paar Euro in die DVD “Das Spukschloss im Spessart” und lassen Sie sich von Lilo Pulver, Hans Clarin und den vielen anderen deutschen Schauspiellegenden gut unterhalten. Den Sat1-Film sollten Sie in jedem Fall weiträumig umfahren. Ein Hubert von Meyerinck oder ein Georg Thomalla hatten nun mal mehr komödiantisches und schauspielerisches Talent im kleinen Finger, als die gesamte Besetzung des Remakes zusammengenommen vorzuweisen hat.
Einen kleinen Vorgeschmack können Sie sich auf Youtube holen, wo viele Ausschnitte aus dem Original-Film zu finden sind. In diesem Sinne wünsche ich allerseits ein fröhliches “Tschicketschicketschick” und viel Vergnügen mit dem Original.


Nachtrag (2025)

Auch wenn „Im Spessart sind die Geister los“ filmisch nach wie vor ein Totalausfall bleibt, hat Michael Kessler inzwischen mehrfach bewiesen, dass er mehr kann als Klamauk.
Spätestens mit der düster-komischen Serie „Kohlrabenschwarz“ (2024) zeigte er, dass er auch abendfüllend, vielschichtig und atmosphärisch funktioniert – und dass Talent manchmal einfach nur auf das richtige Drehbuch warten muss.

Author: -th-

Jahrgang 1976, Musiker, Mentalist und Autor mit ausgeprägter Neigung zu sinnlosen Fakten und sinnvollen Meinungen. Lebt in Köln, ist aber keiner von dort – was ihm die Stadt erstaunlich wenig übelnimmt. Unverheiratet, aber in einer festen Beziehung mit Film, Serie und Hörspiel. Wenn er nicht auf Bühnen steht oder in Tastaturen hämmert, schwafelt er über Kabarett, alte TV-Schätze und die Welt im Allgemeinen – vorzugsweise bei einem gut gelaunten Kölsch. Hält sich selbst für witziger, als er tatsächlich ist, findet das aber völlig in Ordnung.

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