Die Herren Genitalkomiker bitten zum Plausch

Karikatur zweier Comicfiguren: Ein muskulöser Mann in goldener Badehose posiert selbstzufrieden, während ein anderer mit Brille und Hawaiihemd erschrocken auf einem E-Scooter davonfährt. Darüber steht ironisch der Schriftzug „Muss man hören…“. Humorvolle Illustration zum Podcast-Artikel.

Der eine verwandelt mit seiner feuchten Aussprache jeden Raum in ein Feuchtbiotop, der andere kann keine Bermudashorts tragen, weil der grobadrige Bestrafer rausgucken würde.

Seit nunmehr 356 Episoden bitten Bastian Bielendorfer und Reinhard Remfort, die Hohepriester des Pornodialogs, allwöchentlich in ihrem Podcast »Alliteration am Arsch« den geneigten Schmutzfink zur Zelebration ihrer gelungenen Mischung aus Pornografie, schlechtem Geschmack, Nerdkultur und Wahnsinn.
Der eine ist gebildet, adrett anzusehen und der täglichen Körperpflege zugetan, der andere ist Bastian Bielendorfer. Zwei Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Einer ein Doktor der Physik, der andere brauchte schon bei der 8000€-Frage bei »Wer wird Millionär« seinen Telefonjoker.
Was, mag sich der geneigte Leser fragen, was bloß sollte mich dazu bewegen, jede Woche eine Stunde wertvolle Lebenszeit für einen Podcast zu opfern?

Zunächst einmal sei gesagt: »Alliteration am Arsch« ist nicht irgendein Podcast, denn einer der Hosts ist eben nicht nur irgendein Host, sondern der Podcast-Gott himself, Reinhard »ich stehe auf Brüllmusik« Remfort. Das Lehrerkind Bastian Bielendorfer bekommt man als Gimmick dazu, samt Sprachfehler und goldenem Schlüppi.
Was den Reiz dieser akustischen Absonderung ausmacht, ist die völlige Hingabe an das gepflegte intellektuelle Nichts und die Komfortzone knapp unterhalb der Gürtellinie.
Hier wird das Banale mit der Leidenschaft eines Philosophiestudenten behandelt, der gerade Kant entdeckt hat – nur dass es meist um Ejakulat, Elektroschrott oder Computerspiele geht.
Manchmal auch alles gleichzeitig.

Aber es regieren nicht nur der Firlefanz und die Sperenzien, Basit und Reini haben auch eine klare Haltung. In diesem Podcast ist weder Platz für Schwurbel, noch für rechtes Gedankengut. Beide stellen sich immer wieder klar gegen Rassismus, Faschismus und Esoterik. Kommentatoren aus der rechten Ecke, die sich wohl ab und an unter den einzelnen Folgen oder in Mails finden, bekommen publikumswirksam in den Folgen ihr Fett weg und werden coram publico von Reini zerlegt. Hierbei kommen ihm natürlich seine Erfahrungen aus der ZDF-Reihe »Die Zerleger« zugute, wo er seinerzeit erstmalig mit Spitting Snake Bielendorfer konfrontiert wurde.

Dass der Podcast auch nach mehr als 350 Folgen funktioniert, liegt an der Chemie der beiden.
Remfort ist das naturwissenschaftliche Gewissen, Bielendorfer das fleischgewordene Bekenntnis, dass auch Lehrerzimmerhumor Würde haben kann.
Zusammen sind sie ein Beweis dafür, dass Bildung und Brachialkomik sich nicht ausschließen müssen – höchstens gelegentlich die Hand reichen, um danach gemeinsam in einen Abgrund aus Albernheit zu springen.

Fazit

Alliteration am Arsch ist keine leichte Kost – eher ein auditives Buffet, bei dem man nie weiß, ob man gerade an einem Erdnussflips kaut oder an einem Schlüpfer schnüffelt.
Aber wer sich darauf einlässt, bekommt einen der wenigen Podcasts, die es schaffen, gleichzeitig vulgär, sympathisch und erstaunlich klug zu sein.

Als erste Episode lege ich jedem gerne die Folge 9 »Komplizierte Kobolde« nahe, wenn Reini und Basti euch von »Morbus Kobold« erzählen. Aber besser nicht während der Autofahrt hören, das könnte in der Leitplanke enden.
Eigentlich wollte ich dem Podcast 10 von 10 grobadrige Bestrafer als höchstes Gütesiegel geben, musste das aber aus Jugendschutzgründen verwerfen. Stattdessen schließe ich mit einer absoluten Hörempfehlung und freue mich auf die nächsten 356 Folgen.

Author: -th-

Jahrgang 1976, Musiker, Mentalist und Autor mit ausgeprägter Neigung zu sinnlosen Fakten und sinnvollen Meinungen. Lebt in Köln, ist aber keiner von dort – was ihm die Stadt erstaunlich wenig übelnimmt. Unverheiratet, aber in einer festen Beziehung mit Film, Serie und Hörspiel. Wenn er nicht auf Bühnen steht oder in Tastaturen hämmert, schwafelt er über Kabarett, alte TV-Schätze und die Welt im Allgemeinen – vorzugsweise bei einem gut gelaunten Kölsch. Hält sich selbst für witziger, als er tatsächlich ist, findet das aber völlig in Ordnung.

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